Christian Kracht erhält den Wolfgang-Koeppen-Preis 2022
»Wir gratulieren unserem Autor Christian Kracht ganz herzlich zur Auszeichnung mit dem Wolfgang-Koeppen-Preis und freuen uns über die Würdigung seines großen literarischen Werkes, das seit 1995 bei Kiepenheuer & Witsch erscheint.« Kerstin Gleba, Verlegerin Kiepenheuer & Witsch
Vorgeschlagen wurde Christian Kracht von dem Preisträger des Jahres 2020, Marcus Braun.
Marcus Braun begründet seinen Vorschlag mit den Worten:
»Christian Kracht debütiert 1995 mit »Faserland«, einem gegenwartsgesättigten Roman, der sich mittlerweile zu einem Klassiker der Coming-of-Age Literatur entwickelt hat und der den Zeitgeist der Neunziger, diese kurze Spanne »Posthistoire«, die man sich heute (fest im Griff der Geschichte) kaum noch vorstellen kann, auf unterhaltsame Weise einfängt.
Gelingt es der Kritik noch dieses Debüt, das den Autor quasi über Nacht zu einer festen Größe in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur macht, mit dem Begriff der Popliteratur einigermaßen zu zähmen, werden die nächsten Romane ein vielseitiges Werk auffächern, das die Verwerfungen der deutschen Geschichte von der Kolonialzeit bis in die Gegenwart auf unverwechselbare Weise reflektiert. Oft geschieht dies en passant, aber deshalb nicht weniger eindrücklich, wie in seinem an eine historische Figur angelehnten Aussteigerroman »Imperium« (2012).
In seinem jüngsten Roman »Eurotrash« (2021) geht Kracht in autofiktionaler Weise seiner eigenen Familiengeschichte nach - unversehens sieht man sich mit den Abgründen der unmittelbaren Nach-Nazizeit konfrontiert, die Wolfgang Koeppen quasi in Echtzeit und ohne historischen Abstand in seinen maßgeblichen Romanen, »Tauben im Gras«, »Das Treibhaus« und »Der Tod in Rom« geschildert hat. Krachts Meisterschaft im Umgang mit fiktiven und politischen Szenarien wird man wohl in den Romanen »Wir werden hier sein im Sonnenschein und im Schatten« (2008) und »Die Toten« (2016) erkennen dürfen. Beide erschaffen auf knappem Raum und in großer erzählerischer Verdichtung Leseuniversen, die dazu einladen, sie immer wieder neu zu vermessen, um einen neuen Blick auf unsere Welt zu gewinnen.«
Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald verleiht seit 1998 alle 2 Jahre den mit 5.000 Euro dotierten Wolfgang-Koeppen-Preis.
Die Verleihung findet am 23. Juni statt.
Die Laudatio hält Marcus Braun.