 
 Frank Schätzing im Interview
 
            
                Frank Schätzing im Interview
"Spaceboy" vereint auf einzigartige Weise deine persönliche Geschichte mit dem Leben von David Bowie. Du sprichst von "Seelenverwandtschaft" mit Bowie. Was verbindet euch auf einer Ebene jenseits des Popstars und des Fans, die für Leser*innen überraschend sein könnte?
"Wenn jemand uns durch die Kraft der Kunst so intensiv vor Augen führt, wer wir im Innersten sind – ohne dass man sich begegnet sein muss oder gar Ebenbürtigkeit entstünde –, dann muss etwas von dem, das in uns wohnt, auch in ihm oder ihr wohnen. Bowie zeigte mir als Teenager mein Potenzial. Dass ich nicht einer bleiben muss, sondern alle sein kann. Ich denke, was uns verband, war die Lust, Geschichten zu erzählen, ohne uns auf ein einziges Medium, ein Genre, eine Stimme festlegen zu lassen. Er machte der Welt vor, wie man sämtliche künstlerischen Ausdrucksformen – Musik, Film, Literatur, Performance – zu einem einzigen Ausdruck verschmolz. Durch ihn begriff ich, dass ich genau das auch wollte – aber er war es, der mir den Mut geb, mich zu entdecken und auszuprobieren. "
David Bowie war der Meister der Neuerfindung. Inwiefern hat sein Motto "Sei alle!" dich dazu inspiriert, deine vielfältigen Talente zu leben.
"Eine Rolle spielte, was wir in frühen Jahren teilten: die Befangenheit und Unsicherheit als Teenager, der Gang auf die Bühne, Griff nach Verkleidung und Make-up, um der Schüchternheit Herr zu werden. Später unser Film- und Literaturgeschmack, eine ähnliche Weltsicht. Der Unwille, uns festlegen zu lassen! Viele zu sein führt ja unweigerlich dazu, immer wieder ein anderer sein zu wollen. Nicht im Sinne einer Flucht vor sich selbst, sondern weil der Ruf des Neuen grundsätzlich stärker ist als die Fessel des Alten. Ohne Bowie hätte ich diesem Ruf vielleicht nie oder erst sehr spät nachgegeben. Und: Ich bewunderte ihn dafür, wie er mit jeder Neuerfindung ins Risiko ging. Das imponierte mir! Es entsprach meiner Vorstellung, wie Kunst zu sein hat. Authentisch, ohne Wenn und Aber."
Du schreibst an einer Stelle, "Musik rettet mich irgendwie." Welche Rolle spielte Musik für dich und für David Bowie?
"Anfangs war es die einzige Sprache, in der sich ein traumverlorener Teenager wie ich ausdrücken konnte. Und Bowie war wahrscheinlich noch schüchterner als ich. Musik war der Gegenentwurf zur ratiogetriebenen Lebensplanung, die nur auf den Verstand abzielt, sie war bloße Emotion, Lebenselixier, brachte mich mit anderen zusammen. Sobald ich Musik hörte oder machte, fühlte ich mich lebendig, selbstbewusst und akzeptiert. Später dann war sie einfach die wunderbarste und ausdrucksvollste aller Sprachen. Bowie beherrschte sie perfekt, mehr noch, er fügte ihr ständig neues Vokabular hinzu. Er dachte und träumte in Klängen und Songs. Er wurde mit Leib und Seele Musiker, ich wurde Schriftsteller – aber es vergeht kein Tag in meinem Leben ohne Musik. Sie ist wie Atemluft.
Und zu guter Letzt: Verrate uns doch bitte deine drei Lieblingssongs von David Bowie und begründe deine Entscheidung mit jeweils einem kurzen Satz.
Schwer, sich festzulegen bei jemandem, der fünfzig Jahre lang Maßstäbe gesetzt hat. Herausragend ist in jedem Fall »Aladdin Sane« von 1973. Geheimnisvoll und arabesk, mit einem Klaviersolo, wie man es so noch nicht gehört hatte. Ein weiterer Favorit ist »Buddha of Suburbia« vom gleichnamigen Album aus den Neunzigern, das damals kaum jemand wahrnahm: ein Film-Soundtrack, den Bowie für eine TV-Serie geschrieben hatte und der im falschen Regal gelandet war, dabei ist »Buddha of Suburbia« der perfekte Popsong. Drittens »I can’t give everything away« vom letzten Album »Blackstar«, ein großartiger, berührender letzter Gruß."
 
 
  
 Spaceboy
»Da draußen war ein Seelenverwandter« – Die Geschichte einer lebenslangen Faszination
Im Jahr 1969 ist Frank Schätzing 12 Jahre alt und nicht gerade der Experte für Coolness auf dem Schulhof eines Kölner Gymnasiums. Er kann zwar den »Herrn der Ringe« auswendig, aber von Popmusik ...
Spaceboy
»Da draußen war ein Seelenverwandter« – Die Geschichte einer lebenslangen Faszination
Im Jahr 1969 ist Frank Schätzing 12 Jahre alt und nicht gerade der Experte für Coolness auf dem Schulhof eines Kölner Gymnasiums. Er kann zwar den »Herrn der Ringe« auswendig, aber von Popmusik ...
 
            
                 
  
  
  
  
  
  
  
 